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Die Tiroler Wurzeln Joseph Ratzingers

Aus: Gelmi Josef, „Die Päpste mit dem Namen Benedikt“, Weger, Brixen 2008



Als Kardinal Joseph Ratzinger am 19. April 2005 zum Papst gewählt wurde, löste dies in  Südtirol und ganz besonders im Brixner Priesterseminar große Freude aus, da er dem Land und der Anstalt sehr nahe stand. Ratzinger kam als drittes Kind des Gendarmeriemeisters Joseph Ratzinger und seiner Ehefrau Maria Peintner in Marktl am Inn in der Diözese Passau zur Welt. Seine Mutter wurde am 8. Januar 1884 in Mühlbach in Bayern geboren. Die kleine aber liebliche Ortschaft Mühlbach gehört zur Gemeinde Kiefersfelden und zur Pfarrei Oberaudorf im Landkreis Rosenheim. Wie damals üblich, wurde Maria Peintner noch am Tag ihrer Geburt von Pfarrer Dismas Nigg in Oberaudorf getauft. Taufpatin war Magdalena Gabenstätter. Die Mutter von Papst Benedikt XVI. wuchs in Rimsting im Landkreis Rosenheim auf. Sie lebte dort 30 Jahre  lang, bis sie am 9. November 1920 den Gendarmeriemeister Joseph Ratzinger heiratete und dann nach Pleiskirchen zog. Sie verstarb am 16. Dezember 1963 in Traunstein. In einem Gespräch mit Peter Seewald sagte Kardinal Ratzinger selbst einmal: „Meine Mutter stammte aus dem Tirolischen“. 

Georg Ratzinger, der Bruder von Joseph Ratzinger, sagte von der  Mutter: „Als erstes von acht Kindern hatte unsere Mutter eine entbehrungsreiche Kindheit. Ihr Tag begann mitten in der Nacht. Neben der Arbeit in der Bäckerei der Eltern, dem morgendlichen Austragen von Brot und Brezn, musste sie sich auch um die vielen Geschwister sorgen. Um der Haushaltskasse nicht länger zur Last zu fallen, wurde sie früh in fremde Dienste geschickt. Unsere Mutter war Köchin, warmherzig, eine temperamentvolle und gutaussehende Frau. Sie galt als Alleskönnerin, in deren Händen mit großer Phantasie und viel praktischem Geschick, - förmlich noch aus dem Nichts -  wahre Wunderdinge entstanden. Den Beruf der Köchin verdankt sie ihrer Mutter; deren Spruch war: . Sie war in Diensten eines tschechischen Konzertmeisters in Salzburg und bei General Zech in Wiesbaden. Anschließend kam sie ins Hotel Wittelsbach nach München,  wo sie als Süßspeisenköchin arbeitete. Viel später arbeitete sie zweimal in Reit im Winkl in der Pension als Saisonköchin. Sie wollte etwas dazu verdienen, weil die Pension unseres Vaters sehr klein war und wir Söhne Geld fürs Studium gebraucht haben. Sie war auch eine Zeit lang in Kufstein. Die Frau, bei der sie beschäftigt war, habe ich kennen gelernt. Sie hat zu meiner Mutter gesagt: Das hat meiner Mutter  - mit ihren Südtiroler Wurzeln - gut getan.“ 

Ihre Mutter, also die Großmutter von Papst Benedikt XVI., hieß Maria Tauber-Peintner. Sie wurde am 29. Juni 1855 in Raas bei Brixen  geboren und war die Tochter des Anton Peter Peintner aus Aicha und der Elisabeth Maria Tauber aus Raas, welche in der St. Helena Kirche in Mühlbach im Pustertal am 9. Februar 1858 geheiratet haben. Maria Tauber-Peintner verließ ihre Heimat und hat sich in Mühlbach in der Gemeinde Kiefersfelden niedergelassen. Am 23. Juni 1885 legten Maria Tauber-Peintner und Isidor Rieger, Bäckermeister aus Welden in Bayern, bei Pfarrer Joseph Sailer in Mühlbach im Pustertal  das Brautexamen ab. Im Protokoll heißt es: „Die Braut ist in der Religion gut unterrichtet.“ Am 13. Juli 1885 heirateten sie in Absam bei Innsbruck. Das Ehepaar zog nach Rimsting, wo es eine Bäckerei führte. Mit Freude erlebte die Großmutter, wie alle ihre acht Kinder es zu Ansehen brachten. Georg Ratzinger berichtet von seiner Großmutter: „Sie war eher stämmig, eine kräftige Person, die mit nach unten gezogenen Mundwinkeln etwas grimmig wirkte. Sie konnte hantig sein.“ Ida Langer,  eine Nichte der Papstmutter, sagte: „Meine Großmutter hat ihre ganze Jugend in Mühlbach im Pustertal verbracht. Zehn Jahre hat sie, bevor sie 1930 gestorben ist, bei meinen Eltern in Rimsting gelebt. Wir haben sie gepflegt und haben sie sehr gern gehabt. Sie hat uns Kindern oft wunderbare Geschichten aus dem Pustertal erzählt, von einer Mühle an der Eisack, die von den Fluten weggerissen wurde; und dass ihre Eltern dann bettelarm waren. In Rimsting haben meine Großeltern 1890 eine Bäckerei gekauft. Es war ein kleines Sacherl, sie haben ganz klein angefangen, haben es aber durch großen Fleiß zu etwas gebracht. Die acht Kinder, auch meine Mutter, haben das Brot auf der Krax´n bis hinunter nach Harras (heute Ortsteil von Prien) und rauf bis zur Ratzinger Höhe zu Fuß ausgetragen. In der Früh um fünf Uhr gingen sie los. Da zwei Semmeln, da drei Semmeln.“ Bei der „Mühle an der Eisack“ hat es sich wohl um eine Mühle am Valler Bach gehandelt. Am 17. Juni 1930 starb die Großmutter des Papstes  im Alter von 75 Jahren. Georg Ratzinger erinnert sich: „Bei der Beerdigung der Großmutter waren auch meine Eltern mit uns drei Kindern in Rimsting.“


 

Professor Josef Gelmi bei der Übergabe des Buches „Die Päpste mit dem Namen Benedikt“ an Papst Benedikt XVI. am 11. 6 2008 in Rom.